Ride the Vulcano

Ride the Vulcano

Von sophieoettl am 21.Nov. 2023

Reisen, endlich wieder mal ohne große Restriktionen, Aufwand, Corona Tests .. nach dem Motto, buchen wir im Jannuar Flüge nach Georgien. 

Unser Ziel Mestia, ein Freeride Spot den wir schon lange mal besuchen wollten. Wir, das sind Mathias, Peter, Gesa, Mia und ich Roland „Bronco“ Knapp. Dann warten auf Schnee, warten .. warten .. zwei Wochen vor dem Abflug warten auf Schnee. Ein Omega Hoch sitzt direkt über dem Kaukasus und blockt jede Wolke ab die sich in Richtung Mestia macht. 

Eine Woche vor Abflug noch immer kein relevanter Schnee in Aussicht. Die ersten Alternativen schwirren durch die WhatsApp Gruppe, keine so richtig gut, oder die uns alle vom Hocker reißt. Dann fünf Tage vor Abflug macht Mathias den Vorschlag, fliegen wir nach Sizilien und fahren am Ätna Ski. Hmmm Sizilien, nicht gerade bekannt für ein Freeride und Touren Mekka, aber die hatten gerade zwei bis drei Meter Neuschnee, bis auf 800m runter und der Gipfel vom Ätna ist 3300m. Genug, um sich für ein paar Tage die Füße zu vertreten. Ein paar Checks später sind die Flüge umgebucht, eine Ferienwohnung in Nikolosi reserviert und zwei Mietautos, um so flexibel wie möglich zu sein. 

Aus "Powder im Kaukasus" wurde "Ride the Vulcano" und schon ging es los. 

In Catania gelandet gibts auf solchen Reisen schon die erste Überraschung, gut wenn die Autovermietung "Surprise" heißt sollte sich keiner wundern. Aus zwei Audi A1 wurden zwei winzige Lancia. In den einen quetschen wir fünf Skibags, in den anderen das Gepäck und vier Leute. Schon kann's losgehen, aber das Skibag Auto springt nicht an, gut der Fahrer kann den Schaltknüppel nicht bedienen, liegen ja die Bags drauf. Bisserl ruckeln und zerren und es geht los in die Unterkunft, Downtown Nicolosi.

Die erste Pizza wird gegessen und wir treffen Peppe, einen Freund und einen Vulkan/Skiguide, der den Ätna kennt wie kein anderer. Um Mitternacht steht der Plan für den ersten Tag. Wir fahren zum Rifugio Sapienza, von dort mit der Gondel auf 2500 und checken mal auf der Südseite den Schnee. Müssen wir, da auf der Nordseite noch immer die Straßen geräumt werden. 

Bevor wir uns um sieben in der Früh aufmachen, geht's aber erstmal ins Cafe Veneziano, was wäre ein Start in den Tag ohne Cappuccino und ein Cornetto con Crema.  

Rauf mit dem Auto auf 2000hm, erste Eindrücke vom Berg sammeln, groß ist er schon, und hoch und viel Schnee liegt rum. Nach kurzem, gut kurz schwätzt in Italien keiner, gehts auf 2500m, Felle drauf und Richtung Dampf und Schwefelwolke laufen wir los. Ziel, einer der vielen Vorgipfel (Vulkane) und mal schauen, ob Süd- oder Ostseitig der bessere Firn liegt. Die ersten Eindrücke sind schon überwältigend und angekommen auf knapp 3000 und dem Nord und Süd Krater näher hat man dann schon recht Respekt vor dem Ätna, der für die Sizilianer einer Frau ist. Im Gegensatz zum Stromboli, der ein Mann ist. Peppe der Vulkan Guide erzählt uns viel über seine Ausbildung, den Berg und alles drumherum. 

Die erste Abfahrt fängt ein wenig flach an, geht durch Lavafelder durch und dann, ja dann stehen wir vor einem Hang, oder soll ich besser sagen vor einem Monster Hang. 30 bis 35 Grad Neigung, 800 hm, 3 km lang und 700 bis 800 Meter breit, und keine Ski Spur in dem ganzen Schauspiel. Nach den ersten Schwüngen wird klar, feinster Firn, was sag ich, allerfeinster Firn. Wir fahren und fahren und fahren auf ein riesiges Becken zu, fast wie eine Hochebene, umgeben von zackigen, aufragenden Felswänden. Unten angekommen, erstmal Sammeln, was für eine Abfahrt, das ganze bei strahlend blauem Himmel. 

Nachdem die ersten Eindrücke verdaut sind, schauen wir uns um und legen den Aufstieg fest. Es gibt so viele Rinne (eine Rinne ist am Ätna, aber mindestens 100 Meter breit) und schon spuren Peter und ich den Hang wieder hoch .. 800 hm Aufstieg. Oben angekommen sehen wir die Straße zur Gondel und schon ist klar, welche Hänge wir fahren. Etwas weiter südseitig und noch immer bester Firn. 

Zurück beim Auto, sind sich alle einig, was sag ich, ohne viel Worte zu verlieren, sitzen wir in der Sonne vor dem Rifugio Sapienza bei Bier und Aperol Spritz, was für ein erster Tag. 

Beim Abendessen planen wir den zweiten Tag, Peppe begleitet uns wieder und mit Guide ist es möglich, zwischen Nord und Süd Krater hindurch zu Touren, und wenn es geht auch bis an den Kraterrand zu steigen. Voller Vorfreude geht's ins Bett. 

Felle drauf und los. Wieder von der Südseite, eine andere Route wie am ersten Tag, genau in Richtung zwischen die beiden dampfenden Kratern. Es geht über verschneite Lava Felder. Ein paarmal müssen wir die Ski abschnallen und laufen, da der Boden unter uns so warm ist, dass es neben und unter uns dampft und uns warme Schwefel Luft entgegen strömt. Aber wir gelangen auf das Joch zwischen Nord und Südgipfel, und wir können zu Fuß auch bis zum Kraterrand aufsteigen. Schwefelgestank überall. Wolken aus jedem Schlot, es ist wie wenn man der Erde in die Seele schauen würde. Jeder von uns ist hin und weg von dem Schauspiel. 

Nach einer halben Stunde gehts wieder runter zu den Ski, Felle runter und wir wissen, was jetzt kommt, ist wahrscheinlich der Hammer. Wir haben ausgemacht, dass uns der Vater von Peppe in Zafferano abholt, sprich wenn alles passt, liegen 2600 hm Abfahrt vor uns. Ah, was ich noch nicht erwähnt habe, wir haben seit dem Verlassen der Gondel keine anderen Menschen mehr gesehen. 

Was jetzt kommt, ist ein Skifahrerisches Naturschauspiel. Firnhänge einer nach dem anderen, über Kuppen an kleinen erloschenen Kratern vorbei (davon gibt es 86 rund um den Ätna) über kupiertes Gelände, immer weiter Richtung Meer, das immer vor uns liegt. Skifahren ist nicht nur Schnee und Abfahren, Skifahren ist Freiheit, Seele und Liebe.

Angekommen, lachen, Freude, alles was es an positiven Emotionen gibt sprudelt am Ende der Abfahrt aus uns raus. Kann es noch besser werden, die Frage stellt sich eigentlich gar nicht, aber es kommt noch besser. 

Noch als wir Zuhause waren, habe ich in die Whatsapp Gruppe geschrieben, dass ich einen Wunsch habe. Den Etan nach Sonnenuntergang runter zu fahren, wenn es die Bedingungen und alles was es noch dazu braucht, ermöglichen. Wir wussten nach unserem zweiten Tag, ja das ist möglich. 

Und den dritten Tag planten wir so, dass wir nach Sonnenuntergang, im Westen die untergehende Sonne, im Osten das blau über dem Meer, einen Hang fahren, der uns alle ein bisschen demütig werden lies. Der ein oder andere hatte sogar eine Träne in den Augen. Diese Abfahrt bleibt im Herz, das vergisst man nicht ! 

Um den Abend gebührend ausklingen zu lassen, gings in ein Steakhaus, Florentiner vom besten, Rotwein, Nachtisch. Ja, Essen kann man in Sizilien ja auch noch gut. 

Die darauffolgenden Tage ging es in den Norden. Rifugio Citelli, was gar nicht so einfach war, da die Straße zum Rifugio immer noch nicht frei war. Da wurde noch immer der viele Schnee weggebaggert.

Aber wir schafften es trotzdem. Mit Unterstützung der Locals und dem ein oder anderen "kurzen" Gespräch haben wir uns drei Tage rund um den Pizzi Deneri gespielt. Gespielt ist der beste Ausdruck bei den vielen Rinnen, die Rinnen sind immer noch mindestens 100 bis 200 Meter breit und 2 bis 3 km lang. Rauf, runter zum Rifugio Citelli auf ein Lemon Soda und einen Kaffee, einmal, zweimal. Jedes Mal fast alleine. Wie viele andere Tourengeher haben wir in der Woche gesehen? In Summe waren es keine 10. 

Ätna, du Überraschung, du 3000 Meter hoher Firnberg, du dampfendes Schauspiel, du hast uns in der Woche so oft überrascht, uns Demut gelehrt, uns Freude bereitet! 

DANKE Ätna 

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